Nicht nur die Mieter im Erdgeschoss müssen den Winterdienst eines Mehrfamilienhauses übernehmen. Eigentlich klar, aber entsprechend entschied nun auch das Amtsgericht Köln. Stellt die Verpflichtung einzelner Mieter den Winterdienst vor dem Haus zu leisten eine unangemessene Benachteiligung im Mieter-Kollektiv dar, wird diese Verpflichtung nicht zum Bestandteil des Mietvertrags. In einem solchen Fall müssten Mieter den Winterdienst nicht übernehmen.

Wer für den Winterdienst eines Mehrfamilienhauses zuständig ist, ist in der Hausordnung oder im Mietvertrag geregelt. Diese Pflicht darf einen einzelnen Mieter nicht benachteiligen, so urteilte die Judikative nun zugunsten einer Mieterin. Aufgrund ihrer Erdgeschosswohnung war sie dazu verpflichtet, den Winterdienst auf dem Gehweg vor ihrer Wohnung durchzuführen. In der Hausordnung aus dem Jahr 1960, auf die sich ihr Mietvertrag noch bezog, hieß es im Original-Wortlaut „Das Freihalten der Bürgersteige und der Hauszugänge von Schnee und Eis und das Bestreuen bei Glätte ist Pflicht der Erdgeschoss-Mieter; sind mehrere Wohnungen im Erdgeschoss vorhanden, so führen die jeweiligen Mieter ihre Arbeiten von ihrer Grundstückshälfte aus.“ Ganz nebenbei: Das ist natürlich keine zeitgemäße Formulierung mehr.

Als die Mieterin schließlich gesundheitliche Probleme bekam, bat sie die Vermieterin unter Vorlage eines Attestes, jemand anderen mit dem Winterdienst zu beauftragen. Als ihr dies aus ebenso unverständlichen Gründen aber verweigert wurde, klagte die Frau. Mit Erfolg (AZ: 221 C 170/11). Denn sowohl aus der unangemessenen Benachteiligung der Erdgeschossmieter als auch aus dem so genannten Überraschungseffekt ergebe sich, dass die Mieterin den derart formulierten Winterdienst nicht zu übernehmen brauche. Zwar könne der Vermieter Verkehrssicherungspflichten auf seine Mieter übertragen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass einzelne Mieter dadurch gegenüber den anderen nicht unangemessen benachteiligt würden. Im vorliegenden Fall jedoch seien nur drei von 24 Parteien mit der Übernahme des Winterdienstes, der in einer Jahreszeit beträchtliche zusätzliche Pflichten und ebenso nicht unerhebliche Haftungsrisiken mit sich bringe, belastet worden.

Dies sei nicht nur „benachteiligend“, da eben nur ein kleiner Teil der Mieter dadurch belastet worden waren, sondern zudem „überraschend“ in dem Sinne, dass der Mieter mit einer solchen Regelung bei Vertragsabschluss heutzutage nicht rechnen müsse. Welche Pflichten bei Schnee und Eis zu beachten sind, hat der Deutsche Mieterbund zusammengefasst: Verantwortlich für die Schnee- und Eisbeseitigung ist in der Regel der Hauseigentümer. Bei Mehrfamilienhäusern schalten Eigentümer nicht selten einen professionellen Winterdienst ein oder lassen diese Arbeiten von einem Hausmeister durchführen. Mieter können zu den Winterpflichten nur herangezogen werden, wenn diese von Anfang an im Mietvertrag wirksam vereinbart sind.

Tatsache ist: Es gibt kein Gewohnheitsrecht, wonach Mieter grundsätzlich bzw. immer die Mieter im Erdgeschoss Schnee fegen oder Eis räumen müssen. Auch wenn Mieter laut Mietvertrag dazu verpflichtet worden sind, den Winterdienst zu übernehmen, bleibt der Eigentümer in der Verantwortung. Er ist verpflichtet zu kontrollieren, ob die übertragenen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt werden. Er muss ferner Streumittel und Arbeitsgeräte zur Verfügung stellen. Notwendig und ausreichend ist es, wenn Bürgersteige und Gehwege so gefegt und bestreut werden, dass zwei Fußgänger problemlos aneinander vorbeigehen können. Es gilt der Grundsatz, dass Maßnahmen gegen Glätte Vorrang vor dem Wegräumen von Schnee haben. Die Straßen- und Wege-Gesetze oder die Ortssatzungen der Gemeinden geben einen Zeitrahmen vor, in dem Schnee und Eis geräumt werden müssen. Meistens beginnen die Winterpflichten bei Schnee- und Eisglätte morgens um 7 Uhr, an Sonn- und Feiertagen oft ein, zwei Stunden später. Die Pflichten enden in der Regel abends um 20 Uhr. Nach Bedarf müssen Winterpflichten tagsüber wiederholt werden.

Wer bei der Ausübung der Streu- und Räumpflichten verhindert ist, zum Beispiel wegen Beruf, wegen Krankheit oder wegen Abwesenheit muss für seine Vertretung sorgen. Kommt es aufgrund von Eisglätte zu einem Unfall, hat der gestürzte Passant möglicherweise einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. War der Mieter zum Winterdienst verpflichtet, steht ihm die private Haftpflichtversicherung bei. Ist der Vermieter seiner Verpflichtung, Eis und Schnee zu begehbar zu machen, nicht nachgekommen, tritt die Haus- und Gebäudeversicherung ein. Für unsere Recherche maßgebliche Quellen: www.anwaltverein.de, www.mieterbund.de