Seit Jahren ist zu beobachten, dass die Mieten in Deutschland von Jahr zu Jahr nach oben klettern. Man könnte auch vielerorts von einem rasanten Anstieg sprechen, Vor allem ist ein derartiger Anstieg in Großstätten zu beobachten. Doch woran liegt das eigentlich überhaupt? Ein zentraler Faktor ist der enge Zusammenhang zwischen dem Mietspiegel und dem Neubau von Wohnungen. Der Mietspiegel, der als Grundlage für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete dient, wird durch die Mieten neu vermieteter Wohnungen beeinflusst. Steigt der Anteil teurer Neubauten, führt dies automatisch zu einer höheren Durchschnittsmiete im Mietspiegel. Aber ist Neubau wirklich der Haupttreiber steigender Mieten? Oder gibt es noch weitere Einflussfaktoren, die eine ebenso große Rolle spielen?
Mietspiegel als Basis der Berechnungen der Mieten
Mit dem Mietspiegel wird wie bereits erwähnt die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt. Dabei werden die Mieten von Wohnungen berücksichtigt, die in den letzten vier Jahren neu vermietet oder modernisiert wurden. Diese Methode hat jedoch eine große Schwäche. Sie fokussiert sich nämlich hauptsächlich auf neue, oftmals teurere Wohnungen, während langjährige Mietverhältnisse kaum in die Berechnungen einfließen. Dies führt dazu, dass auch Mieter, die seit vielen Jahren in ihrer Wohnung leben, durch steigende Vergleichsmieten mit höheren Kosten konfrontiert werden. Besonders spürbar ist dieser Effekt in großen Städten wie Berlin, München oder Hamburg, in denen die Nachfrage nach Wohnraum besonders hoch ist und der Neubau häufig teuer.
In Hamburg beispielsweise hat sich der Mietmarkt in den letzten Jahren rasant verändert. Laut dem aktuellen Mietspiegel in Hamburg sind die Mieten in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 40 % gestiegen, wobei die Preise für Neubauten und modernisierte Bestandswohnungen deutlich über dem allgemeinen Anstieg liegen. Diese Entwicklung verschärft die Situation für Mieter, die bereits länger in ihren Wohnungen leben und sich nun mit deutlich höheren Mieten konfrontiert sehen. Besonders problematisch ist dies natürlich hinsichtlich des Faktes, dass die Einkommensentwicklung in Hamburg nicht im gleichen Tempo wie die Mietpreise angestiegen ist. Viele Haushalte haben reale Kaufkraftverluste erlitten. Unvorstellbar, doch in beliebten Stadtteilen wie Eimsbüttel oder Altona betragen die Mieten mittlerweile das Dreifache des ortsüblichen Preises aus den 2000er Jahren.
Neubau als Treiber der Mietpreisentwicklung
Interessanterweise, oder besser gesagt paradoxerweise, kann der Neubau von Wohnungen den Mietspiegel kurzfristig ansteigen lassen. Viele gehen nämlich vom Gegenteil aus. Dies liegt an der gehobenen Ausstattung und den bevorzugten Lagen neuer Wohnungen, die naturgemäß höhere Mietpreise nach sich ziehen. Diese höheren Mieten fließen direkt in die Berechnung des Mietspiegels ein und ziehen die Durchschnittswerte nach oben – ein Effekt, der auch die Mieten von Bestandswohnungen beeinflusst.
Statistik zu den Mietpreisdifferenzen zwischen Neubauten und Bestandswohnungen aus dem Wohnbarometer (Stand 4.Quartal 2023):
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- Durchschnittliche Nettokaltmiete in neu gebauten Wohnungen: 11,72 Euro pro Quadratmeter
- Durchschnittliche Nettokaltmiete in Bestandswohnungen: 8,42 Euro pro Quadratmeter
Diese Differenz verdeutlicht, wie Neubauten mit höheren Mieten den Mietspiegel anheben. Je mehr Neubauten mit gehobener Ausstattung und höheren Mietpreisen entstehen, desto stärker wird dieser Effekt auf den Gesamtmietspiegel durchschlagen.
Warum der Neubau nicht ausreicht, um den Mietanstieg zu bremsen
Trotz der Neubauaktivitäten bleibt der Mietanstieg ein ungelöstes Problem. Dies liegt daran, dass neu errichtete Wohnungen in der Regel über bessere Ausstattung und erstklassige Lagen verfügen, was zu höheren Mietpreisen führt. Dies geht meist in politische Diskussionen zu diesen Themen unter. Diese hohen Mieten beeinflussen nun die Berechnung des Mietspiegels und treiben die Durchschnittspreise nach oben – was wiederum auch Vermietern von Bestandswohnungen als Argument für Mietsteigerungen dient.
Die Wohnungsmarkt-Prognosen für 2025 deuten darauf hin, dass sich dieser Trend fortsetzen könnte. Experten gehen davon aus, dass der Immobilienmarkt weiterhin von Dynamik geprägt sein wird, wobei die Mietpreise in gefragten Lagen weiter steigen könnten, während Kaufpreise tendenziell sinken. Dies ist das Ergebnis eines Zusammenspiels aus wirtschaftlichen, demografischen und politischen Faktoren. So könnten niedrigere Zinsen für Immobilienkredite potenzielle Käufer anlocken, während hohe Baukosten den Neubau bremsen und gleichzeitig den Druck auf Bestandswohnungen erhöhen. Politische Maßnahmen wie das Heizungsgesetz könnten zudem die Sanierungskosten in die Höhe treiben und damit die Gesamtkosten für Immobilienbesitzer beeinflussen.
Steigende Mieten und Folgen für Bestandsmieter
Ein weiterer entscheidender Aspekt ist, dass der steigende Mietspiegel auch Bestandsmieter betrifft. Denn Vermieter dürfen ihre Mieten schrittweise an die ortsübliche Vergleichsmiete anpassen. Ein fataler Fehler, der meist in den Politdiskussionen zu kurz kommt. Dies bedeutet nämlich, dass auch langjährige Mietverhältnisse von steigenden Mieten betroffen sind, selbst wenn keine wesentlichen Modernisierungen vorgenommen wurden. In einigen Fällen werden Mieter so aus ihren Wohnungen verdrängt, da sie sich die neuen Mietpreise nicht mehr leisten können.
Statistisch gesehen haben in Großstädten wie unter anderem in Hamburg rund 30 % der Mieter bereits eine Mietsteigerung innerhalb der letzten zwei Jahre erlebt, die sich im Schnitt auf 10-15 % belief. Diese Dynamik führt dazu, dass sich immer mehr Menschen die Mieten in zentralen Lagen nicht mehr leisten können und in das Umland ausweichen müssen, was wiederum den Pendlerverkehr und die Infrastruktur in suburbanen Gebieten belastet.
Maßnahmen gegen den Mietwahnsinn notwendig
Das Thema rund um die steigenden Mietpreise ist seit Jahren Thema in der Politik. Um den Mietanstieg zu bremsen, setzen mittlerweile viele Städte und Kommunen auf verschiedene Maßnahmen. Dazu gehören Mietpreisbremsen, Sozialquoten für Neubauprojekte und Förderprogramme seitens des BMWSB. Aber auch eine Reform des Mietspiegels wird gefordert, damit dieser nicht ausschließlich auf Neuvermietungen basiert, sondern eine breitere Datengrundlage erhält.
Ein zentraler Akteur in der Wohnungs- und Mietenpolitik ist das besagte BMWSB, also das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Dieses Ministerium entwickelt Förderprogramme für sozialen Wohnungsbau, setzt sich für die Mietpreisbremse ein und arbeitet an gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Regulierung des Mietmarktes. In den letzten Jahren wurden mehrere Maßnahmen diskutiert, darunter eine strengere Regulierung von Mietsteigerungen in angespannten Wohnungsmärkten sowie eine Reform des Mietspiegels, um eine realistischere Abbildung der Mietsituation zu ermöglichen. Dennoch bleibt die Umsetzung solcher Maßnahmen umstritten, da sie einen Balanceakt zwischen Investoreninteressen und Mieterrechten erfordert.
Alles in allm lässt sich sagen, dass der Zusammenhang zwischen Mietspiegel und Neubau hochkomplex zu sein scheint. Einerseits ist Neubau essenziell, um das Wohnraumangebot zu erhöhen, andererseits kann er kurzfristig die Mieten in die Höhe treiben. Langfristig bleibt die Herausforderung bestehen, den Wohnungsmarkt so zu gestalten, dass bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird, ohne dass steigende Neubaupreise zu einer weiteren Belastung für Mieter werden. Ohne eine ausgewogene Wohnungsbaupolitik, die gezielt bezahlbaren Wohnraum fördert, wird der Mietanstieg nicht gestoppt werden können.
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