Ein interessantes Urteil betreffend das Vorkaufsrecht von Mietern auf die eigene Wohnung erging jetzt beim Bundesgerichtshof. Demnach haben Mieter in Mehrfamilienhäusern kein Vorkaufsrecht auf ihre Mietwohnung, wenn die Gesamt-Immobilie im Ganzen verkauft wird. Diese Tatsache gilt sogar, wenn nach notarieller Abwicklung des Verkaufs an einen Käufer im direkten Anschluss die Aufteilung, sprich der Verkauf an mehrere Parteien vorgenommen wird. Anmerkung: In der Urteilsbegründung sprechen die Richter allerdings von einer derzeit vorhandenen Gesetzeslücke im Bereich des Mieterschutzes.

Wird ein Mehrfamilienhaus im Rahmen einer Wohnungsprivatisierung in Eigentumswohnungen umgewandelt, dann haben die darin wohnenden Mieter ein Vorkaufsrecht. Dies gilt gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch §577 Absatz 1. Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs bestätigt den Status Quo: wird ein Mehrfamilien- bzw. Mehrparteienhaus im Ganzen an einen Investor bzw. Käufer veräußert, so kann dies ohne Berücksichtigung der Mieter geschehen, deren Vorkaufsrecht hier nicht existiert.

Im Grundsatz ist die Sache so zu interpretieren: Wenn ein Mehrparteienhaus im Ganzen veräußert wird, dann sind bzw. waren die Wohnungen im Einzelnen nie verfügbar. Das ändert sich auch dann nicht, wenn ein Immobilienbesitzer davon Kenntnis hat, dass der Erwerber des Mehrfamilienhauses dieses nach dem Kauf in einzelne Wohnungen aufteilen will. Ein Mißbrauch liege nur vor, wie die Urteilsbegründung der Karlsruher weiter zu lesen ist, wenn der Verkäufer des Mehrparteienhauses nachweislich selbst die Aufteilung in Einzelobjekte vor hatte und dies in voller Absicht dem Erwerber überlässt.

Unsere Konklusion: Das Urteil wirkt nur auf den ersten Blick inkonsequent. Den Ausführungen der vorsitzenden Richterin Christina Stresemann ist unserer Meinung nach nichts hinzuzufügen. Aufgabe der Karlsruher Richter ist es nicht „moralisch“ zu urteilen oder ganz grundsätzlich Mieter oder Vermieter zu schützen. Dies sei Sache des Gesetzgebers, wie Stresemann zitiert wird. Fakt ist, dass dieses Urteil Mehrfamilienhaus-Besitzern die Sicherheit gibt, Eigentum frei zu veräußern ohne auf ein Vorkaufsrecht von Mietern Rücksicht nehmen zu müssen. Selbst wenn der Erwerber das Mehrparteienhaus privatisieren, das heißt aufteilen möchte, so haben die Mieter dann beim Verkauf Ihrer Wohnung ein Vorkaufsrecht und darüber hinaus noch einen Kündigungsschutz von Minimum drei Jahren. Unsozial? Mitnichten! Neue Gesetze notwendig? Nein. Nachzurecherchieren ist das Urteil über das Aktenzeichen V ZR 96/12.